03.05.2022

Onkologische Rehabilitation in Badenweiler

Stabilität für die Region in der Pandemiekrise

Das neue Café Lichtblick im obersten Geschoss des Anbaus in der Hamm Klinik Park Therme ist lichtdurchflutet, als sich die Gruppe aus Politikern, KlinikvertreterInnen und Presse dort einfindet. Durch die offenen Flügeltüren zur Dachterrasse dringt warme Frühlingsluft und es duftet nach frisch gebrühtem Kaffee.

Chefarzt der Hamm Klinik Park Therme Dr. Wilfried Hoffmann hatte zum Pressegespräch über Onkologische Rehabilitation in Badenweiler eingeladen. Takis Mehmet Ali, Bundestagsabgeordneter für Lörrach-Müllheim und Beauftragter der SPD-Bundestagsfraktion für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Vincenz Wissler, Bürgermeister der Gemeinde Badenweiler und Dr. Dirk Thom, Geschäftsführer der Badenweiler Tourismus GmbH waren der Einladung gefolgt. Die kaufmännische Klinikleitung Sophia Stegmeier sowie die Betriebsratsvorsitzende Martina Fuchs vervollständigten die Runde.

Als Moderator der Runde ging Dr. Hoffmann zunächst in die Retrospektive und beleuchtete die Folgen der Pandemie auf die onkologische Rehabilitationsklinik. Er beschrieb, wie zu Beginn der Pandemie buchstäblich „über Nacht“ sämtliche Prozesse der Klinik neu strukturiert wurden, da die in der Klinik behandelten onkologischen PatientInnen zur Hochrisikogruppe zählen. Um das Infektionsrisiko zu minimieren wurden neben zahlreicher Hygienemaßahmen unter anderem dreischichtige Essenszeiten eingeführt, Gruppen- in Einzeltherapien umgewandelt und Vorträge in Kleingruppen mehrfach gehalten. All diese Veränderungen waren mit erheblichen Aufwand verbunden und stellten alle Mitarbeiter der Klinik vor eine neue Herausforderung. Die letzten zwei Jahre hätten es vielen Rehakliniken im Gesundheitswesen nicht leichtgemacht, kosteneffizient unter zum Teil pandemiebedingt erforderlicher Minderbelegung zu arbeiten, da es nicht nur galt, Patienten weiterhin bestmöglich unter den neuen Herausforderungen zu versorgen, sondern auch mit den Sorgen der MitarbeiterInnen adäquat umzugehen. Neben den pandemiegeschuldeten Aufwänden gäbe es jedoch auch weitere Aspekte, die die Klinik finanziell unter Druck setzen würden, so Hoffmann weiter. Es handelt sich hierbei um die in den letzten Jahren deutlich gesteigerten Medikationskosten für KrebspatientInnen. Diese überstiegen regelmäßig die von den Kostenträgern bezuschussten Medikationskosten von 500 € pro Patienten pro Aufenthalt und müssen von den Kliniken selbst getragen werden.

Dr. Hoffmann beendete seine Einführungsrede mit dem einem Blick in die Zukunft und dem Plädoyer, dass die Hamm Kliniken Onkologie auf höchstmöglichem Niveau betreiben und diesen Anspruch auch nicht aufgrund von Kostendruck senken wollen. Dafür stellte er die offene Frage in den Raum, wie unterstützende Maßnahmen aussehen könnten.

Zunächst äußerte sich Bürgermeister Vincenz Wissler und bekräftigte den Stellenwert der Rehabilitation in der Gemeinde Badenweiler. Er merkte an, dass in Zeiten der Pandemie, in der der Tourismus vollkommen eingebrochen war, allein durch Rehabilitanden Kurtaxeneinnahmen generiert worden waren. Er räumte ein, dass die Belange der Rehakliniken in den vergangenen Jahren häufig nicht die nötige Aufmerksamkeit erhalten hätten, wolle dies jedoch ändern und sei stolz auf jede einzelne Rehaklinik in der Gemeinde. In diesem Zuge wurde bereits in der Badenweiler Tourismus GmbH ein neuer Bereich Rehabilitation gegründet. Wissler lud die Klinikleitung ein, im aktiven und kontinuierlichen Dialog Schwachstellen Badenweilers zu ermitteln, um den Standort als Lebensraum und Arbeitsstätte für Mitarbeitende attraktiver zu gestalten und die PatientInnenzufriedenheit zu erhöhen. Dr. Thom, der Geschäftsführer der Tourismus GmbH formulierte bezüglich letzterem bereits erste Vorschläge in Form von einer erhöhten Anzahl von Sitzgelegenheiten im Kurpark sowie gefahrlosen Straßenübergängen für die durch die Krebstherapie geschwächten PatientInnen. Im weiteren Verlauf des Gesprächs identifizierte man im Zusammenhang mit der Standortattraktivität Badenweilers Mängel im ÖPNV sowie in der Kinderbetreuung. Der von Wissler vorgeschlagene Jour Fixe, um für eben diese Herausforderungen Lösungen zu finden stieß bei allen Beteiligten auf freudigen Anklang.

Frau Fuchs äußerte sich als Betriebsratsvorsitzende der Hamm Klinik Park Therme zur Attraktivität ihres Arbeitgebers und betonte dessen beispielhaften Umgang mit den Herausforderungen der Pandemie. Kurzarbeit und Kündigungen seien trotz schwieriger Zeiten nie Thema gewesen. Man hatte sich gegenseitig bei Personalengpässen beispielsweise in Hauswirtschaft, Service oder Pflege unterstützt, um stets das gemeinsame Ziel der optimalen PatientInennversorgung zu erreichen. Kritik ließ sie nur in Bezug auf die Vergütungssituation verlauten. Allerdings seien sich die Mitarbeitenden der Klinik bewusst darüber, dass bessere Gehaltstrukturen nur durch die Erhöhung der Tagessätze durch die Kostenträger erfolgen könnten.

Diesen Punkt nahm sich Sophia Stegmeier zum Stichwort und betonte, dass die aktuellen Preissteigerungen nicht durch die Pflegesatzerhöhung gedeckt werden. Weiter argumentierte sie, dass hoch qualifizierte Mitarbeitende neben attraktiven Zusatzleistungen, um die sich die Klinik bemühe, auch ein zufriedenstellendes Gehalt forderten. Qualitative Mitarbeitende seien deshalb unabkömmlich für die Klinik, da neben der Versorgung der vulnerablen PatientInnen auch der Anspruch der Kostenträger in Bezug auf digitale Nachsorge, moderne Therapieformen und anderen Entwicklungsprojekte gestiegen sei. Bei Förderungsprogrammen oder Prämien im Gesundheitswesen, die durch die Politik ausgeschüttet werden, würde die Reha laut Stegmeier keine Beachtung finden.

Nachdem die Herausforderungen der onkologischen Reha aus unterschiedlichen Perspektiven erläutert worden waren, ergriff der Bundestagabgeordnete Takis Mehmet Ali das Wort. Er räumte ein, dass nach der Gesundheitsreform 2005 viele Rehamaßnahmen zurückgestuft wurden. In den letzten Jahren wäre der Blick auf die ganzheitlichen Therapieansätze der Rehabilitation jedoch wieder geschärft worden und das Bewusstsein über die Reha als wesentlicher Bestandteil der Medizin zurückgekehrt. Die Problematik sehe er jedoch in der Vergütungssystematik, die seiner Meinung nach an die Leistungssystematik und den wachsenden Qualitätsanspruch an die Rehakliniken angepasst werden müsste. Kürzere Verweildauern in den Akutkliniken müssten von den Rehakliniken in der PatientInnenversorgung abgefangen werden.

Für eine neue und einheitliche Vergütungssystematik seit es laut Mehmet Ali unvermeidlich, auch einheitliche Qualitätsstandards zu fordern. Nicht in allen Kliniken würden für gleiches Geld gleiche Leistungen erbracht. Für eine kurzfristige Verbesserung der Finanzsituation in den Rehakliniken plädierte Mehmet Ali für einen Investitionskostenzuschuss für die Reha, um diese bei ihren Entwicklungsprojekten zu unterstützen. Dieser Zuschuss solle jedoch nicht eine einmalige Finanzspritze, sondern eine dauerhafte Unterstützung durch Staatsmittel darstellen. Er versprach, sich weiterhin dafür einzusetzen, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarten Mittel für den Ausschuss für Arbeit und Soziales, dem Mehmet Ali angehört, auch für die Reha und einen solchen Investitionskostenzuschuss eingesetzt werden.

Dr. Hoffmann zeigte sich dankbar für die klare Positionierung des Bundestagsabgeordneten und für die konstruktive Diskussionsrunde. Er wünschte sich abschließend, dass mit dieser Runde nicht nur Erwartungen geweckt, sondern auch etwas bewegt werden würde und blickte zuversichtlich in die vereinbarte Zusammenkunft mit Stadt und Tourismusverband.